„Guten Morgen, die Herrschaften!“, rief Stella fröhlich und verteilte die Tassen um den kleinen Klapptisch. Binjaschar erschien als Erster im Freien und räkelte sich ausgiebig. Er gähnte herzhaft, wohl wissend, dass Gähnen bei den Moslems verpönt war, weil im Kuran stand, dass der Mondgott dem Gähnen abhold sei. Binjaschar genoss die Tatsache, dass diesmal ein Moslem in ihrer Gewalt war und sich fügen musste. Zu seinem Vergnügen schritt Dorian zum Gefangenen und wuselte mit seinem Schnabel durch dessen Haar. Mit schmalen Augen versuchte dieser, so gut er konnte, dem verspielten Vogel auszuweichen. Henk war es, der Dorian mit einem Kraut lockte, so dass dieser den Gefangenen vorerst vergaß. Schließlich saßen alle beisammen und schlürften ihren Tee. Emirolu fand sich damit ab, dass für ihn keine Tasse bereitet war. Außerdem kannte er die Sitte der Sulha: Jemand wurde zur Verhandlung eingeladen und musste still warten, während die Gastgeber sich fröhlich unterhielten und frischen Tee tranken. Erst als sich ihre Aufmerksamkeit der Verhandlung mit dem Geladenen zuwendete, durfte dieser sprechen und sich verteidigen. Ganz zum Abschluss der Verhandlung musste er aufstehn, den kaltgewordenen, bitteren Tee bis auf den letzten Tropfen leeren und gehn.
Von den Anwesenden kannte jedoch nur Binjaschar diese Sitte. Nicht einmal Stella war von ihm darüber unterrichtet worden. Doch jetzt, als Binjaschar genug vom Tee hatte, wusch er sorgfältig seine Tasse mit heißem Wasser, schenkte ein und bat Eilers, den Mann loszubinden. Emirolu stand auf, streckte sich und rieb die Handgelenke. „Hier, auch du bekommst was!“, sagte Binjaschar und reichte ihm die Tasse. Emirolu wusste, dass Binjaschar Jude sein musste. Seine Augenbrauen waren breit, und auch die übrige Physionomie war typisch jüdisch. Der Moslem handelte nach einer uralten Taktik: Sie nannten es "den Frieden Saladin´s". Dieser Kurde hatte damals ein bestimmtes Volk nicht bezwingen können. So brachte er ihnen ein Friedensabkommen, und nach Jahren griff er sie ohne Warnung an und überrumpelte dies arglose Volk. Nach der selben Taktik war auch Arafat vorgegangen, bevor er an einer Krankheit starb. Als Moslem handelte auch Faisal Emirolu nicht anders: Er machte gute Mine zum bösen Spiel und nahm die Tasse dankend in Empfang. Man ließ ihm Zeit, um in aller Ruhe den Tee zu trinken, soviel er wollte. Als Emirolu seinen Durst gestillt und die Tasse wieder abgegeben hatte, band Eilers ihm erneut die Hände zusammen, wobei er sie jedoch an einem Ende der Tragestangen befestigte. Sollte der Gefangene ihnen doch auch als Träger nützlich sein! Emirolu erkannte, dass er es nicht mit naiven Leuten zu tun hatte. Er musste also besonders geschickt vorgehn, um diese 5 zu erledigen. Denn die Frau, so wusste er, war alleine zu schwach gegen ihn. Mit ihr würde er noch viel Spaß haben, waren die Männer erst mal beseitigt. Emirolu zeigte sich also besser kollaborativ, um erst gar kein Mißtrauen zu schüren. Was er noch nicht wissen konnte, war, dass Joschiah Binjaschar den Männern auch einiges über die moslemischen Maschen verraten hatte. Auch Stella wusste, wie sie sich zu verhalten hatte, erst recht als gläubige Frau, die dem Herrn vertraute. Emirolu ahnte nichts von der unsichtbaren Macht, die diese Gruppe zusammenhielt und besonders aktiv war in diesem Juden und der Frau.
Sie waren fast am Ziel angelangt. „Nach dieser Erhebung kommt eine Senke“, sagte Emirolu. Dort oben, fast am höchsten Punkt, stand eine breit ausladende Robinie, umgeben von einigen Ziersträuchern. Schwarze Balkenreste verrieten, wo einst das Gartenhaus gestanden hatte. Durch die Balken war schon Heide gewachsen und erreichte teilweise Kniehöhe. Es musste also viel früher abgebrannt sein, bevor sich die Katastrophen ereignet hatten. Thomas Neusser stutzte. Sofort hielt er das Gewehr in Anschlag. Leise raunte er: „Bleibt hier! Da ist was!“ Angestrengt versuchten sie, irgend ein Tier auszumachen, doch wollte es ihnen nicht gelingen. Neusser war mittlerweile bis auf wenige Meter an den Baum herangekommen, als er offenbar jemanden ansprach. Dann wandte er sich zu den Übrigen um und bedeutete ihnen, zu kommen. Erst konnten sie noch nichts erkennen, doch als auch sie kurz vorm Baum angelangt waren, bot sich ihnen ein Bild des Elends: Da war ein Mann am Baum gelehnt, er lag mehr, als dass er saß. Die Kleidung war zerfetzt und ließ jeden mit Schaudern erkennen, wie malträtiert er war. Voller tiefer, infizierter Wunden, als habe ein Tier ihn zugerichtet oder irgend welche Banditen. Der Mann war schon sehr geschwächt und brachte kaum ein verständliches Wort hervor. Emirolu war es, der jetzt aufschrie: „Ali, mein Bruder!“ Sofort ergriff Henk die Initiative: „Los, stellen wir rasch ein Zelt auf! Gut, noch eins zusätzlich dabei zu haben!“ „Können wir jetzt gut gebrauchen!“, ergänzte leise Eilers. Das Zelt war in wenigen Minuten aufgebaut, und vorsichtig hatten sie den Verwundeten gebettet, so gut es möglich war. Diesmal brauchte Emirolu gar nicht erst aufgefordert zu werden, er berichtete freiwillig über diesen Mann: Ali Akbar hieße er. Ja, er gehöre ebenfalls zur Bande, die das Camp überfallen hatte. Doch mehr wüsste er, Emirolu, auch noch nicht. Wenigstens etwas, wenn auch nicht viel. Allmählich drängte sich ihnen eine andere Frage auf: Hatten sie überhaupt genug medizinische Hilfsmittel für den Mann? Was, wenn ihnen weitere solcher Funde begegneten? Für ein Lazarett freilich waren sie absolut nicht ausgerüstet. Zwar hatten die Tierpfleger gewisse operative Erfahrungen, die zum Teil auch bei Menschen angewendet werden konnten, doch ohne Geräte, Besteck und Wundbehandlung waren sie hier in der Pampa ziemlich hilflos. Die Katzen durften ausgerechnet jetzt nicht zu ihnen kommen, es war zu gefährlich. Nach genauer Untersuchung der Wunden war Henk sich sicher, dass diese nicht von den Katzen stammen konnten. Zu tief waren die Einstiche, die er vorfand. Weder Eckzähne noch Dolche waren hier beteiligt. Er konnte sich einfach nicht erklären, was vorgefallen war. Die Kratzer waren wieder zu oberflächlich, um von Pranken verursacht worden zu sein. Dennoch sahn sie wie das Werk von Krallen aus. Doch hatten die eine seltsame Anordnung: sie waren jeweils nur paarweise. Auch Straußenhiebe schieden völlig aus, denn dann wäre der Mann regelrecht aufgeschlitzt worden. Bei diesen Verwundungen handelte es sich jedoch nur um tiefe Stiche mit einem runden, gebogenen und zugespitzten Gegenstand und eben die oberflächlichen Kratzer. Kein ihm bekanntes Tier passte in das Schema. Er beriet sich darüber mit seinen Kollegen, doch auch sie konnten sich keinen Reim aus dem Befund machen. Faisal Emirolu war vertraut mit ungewöhnlichen Mordmethoden. Doch als er sich die Wunden ansah, schüttelte er nur langsam den Kopf. Nein, sowas hatte er noch nicht gesehn. Erschüttert und ratlos zog er es vor, zu schweigen. Was hätte er auch sagen können? Ihm war das Ganze ebenso ein Phänomen wie den Übrigen. „Es gibt“, sagte Stella nach einiger Zeit, „keine Kralle, die eine solche Länge hat. Außerdem sind es Stiche und keine Risse. Nur ein Stachel käme da in Frage, doch solch großen Insekten oder Skorpione oder Spinnen gibt es nicht. Zumindest sind sie der Wissenschaft völlig unbekannt. Sehn wir uns genau die Form an. Was fällt uns auf?“ Stella gab den Männern Zeit, sich ein Bild zu machen. Binjaschar war es, der zögernd einen Vergleich anbrachte: „Es muss ein Stachel sein, wie ihn Wespen tragen.“, und nach Sekunden: „oder Skorpione“ Doch was für einen Sinn ergab ihr Grübeln? Binjaschar machte auf einmal große Augen, und kalte Schauer ließen ihn erzittern. Mühsam versuchte er, den Gedanken zu verarbeiten. „Freunde, habt ihr kurz nach den Katastrophen im Radio etwas gehört vom großen Meteoriten?“ Stella hatte damals von der Sache mitbekommen, und als sie noch im Keller zusammen waren, hatten sie es auch lebhaft diskutiert. Aber jetzt wusste Stella nicht, welchen Zusammenhang der Aufprall mit dem Verwundeten haben sollte. Binjaschar sah jedem der Umstehenden ernst in die Augen, als er begann: „Wenn wir gefunden haben, wonach wir suchen, werden wir es schwarz auf weiß nachlesen können.“, und nach einer Pause fasste er endgültig Mut: „Im verbotenen Buch“, und bei dieser Bemerkung schaute er Stella kurz und eindringlich an, „steht etwas über genau diesen Meteoriten oder was es war. Da finden wir, wie der Ort heißt, nämlich genau die Stelle des Aufpralls. Weiter lesen wir da was über den Rauch, der aus dem Abgrund, also dem Grabenbruch, aufgestiegen ist. Und weiter steht da was über seltsame Tiere, große Tiere. Ja, über sowas wie Heuschrecken mit Skorpionsschwänzen. Diese stechenden Heuschrecken können allerdings nur verletzen, doch keinesfalls töten. Mit ihren Flügeln, wird berichtet, veranstalten sie einen Lärm wie von pferdegezogenen Wagen. Ihr kennt ja noch die Planwagen aus den uralten Filmen? So in etwa muss sich das anhören. Oder wie das Geknatter von Helikoptern. Und genau das hatten einige Leute behauptet, dass ihnen solche Wesen begegnet seien, als sie sich in der Nähe des Aufpralls aufgehalten hatten. Freunde, ich weiß nicht, was es sonst war, aber jetzt kommen weitaus schlimmere Dinge auf uns zu, als nur diese Quälgeister von Heuschrecken. Bald, sehr bald darauf wird die Hälfte der Menschheit sterben!“ Binjaschar sah jeden genau an. Er hoffte insgeheim, dass er jetzt nicht als Spinner daständ. Henk räusperte sich verlegen, mit gesenktem Kopf, und schaute jetzt langsam auf. Er glaubte nicht an die Bibel, doch diese Wunden mit Helikoptern allein zu erklären, erschien ihm unsinnig. Ob vielleicht irgend welche Vorrichtungen an den Maschinen solche Wunden hervorrufen konnten? Immer noch verlegen, versuchte er seine Erklärung: „Joschiah, ich weiß, du bist überzeugt von dem Buch. Es ist auch sehr intressant, wie ähnlich der Einsturz verlaufen ist. Auch das mit dem Rauch kann ich nachvollziehn. Doch wie innerhalb weniger Tage solche Rieseninsekten entstehn können, kann mir niemand weismachen. Ich denke, dass irgend welche Militärs da was Oberübles veranstalten. Jedenfalls fehlt jeder Hinweis auf Gift in den Wunden. Die Infektion bei so tiefen Löchern kommt unausweichlich nach wenigen Tagen. Doch warum sind sie uns noch nicht begegnet? Hat vielleicht Faisal´s Bande damit zu tun?“, jetzt sah er scharf auf Emirolu, der nur verwundert den Kopf schüttelte. „Wir sind“, sagte dieser kurz, „nur zu Fuß unterwegs, höchstens mal beritten. Doch mit solchen Geräten kennen wir uns nicht aus!“ „Wie dem auch sei“, begann wieder Henk, „wir müssen uns was einfallen lassen, wenn es uns nicht auch so ergehn soll wie unserm Patienten. Ist uns das klar?“ ja, es war. Doch was konnten sie schon ausrichten mit nur 1 Gewehr und wenigen Packungen an Munition? Ein Glück, dass noch kein Schuss gefallen war! Sonst hätte das Gewehr, anstatt zu ihrem Schutz beizutragen, sie am Ende noch an die beiden gefährlichen Horden verraten!
Die Nachtwache gestaltete sich als anstrengend: Maharadschah konnte nicht gleichzeitig den angebundenen Emirolu beaufsichtigen und patrouillieren. Jetzt brauchten sie 3 Mann. Wer konnte schon wissen, wie nah eine der beiden Bedrohungen war? Sie kamen sich reichlich lächerlich vor, mit einem Verletzten, einem unberechenbaren Gefangenen und nur 1 Gewehr! Angesichts einer Bande von 20, 30 oder mehr und noch dazu einem Heeresverband waren diese 5 Leute trotz ihrer wehrhaften Tiere wie hilflose Kinder. Nur Binjaschar wusste, dass die fliegenden Angreifer ihre Tiere verschonen würden und einzig auf Menschen aus waren. Ob allerdings Maharadschah Mut und Geschicklichkeit haben würde, die Heuschrecken, falls es wortwörtlich welche sein sollten, zu überwältigen? Binjaschar seinerseits war fest überzeugt, dass der Herr dem Propheten Jochanan wirkliche Heuschrecken gezeigt hatte, obwohl bemannte Hubschrauber in der Tat eine große Ähnlichkeit aufwiesen mit einer Beschreibung von „Heuschrecken mit Menschengesichtern und Skorpionsschwänzen“. Weiter wusste er, dass diese „angewiesen wurden, die Vegetation auf der Erde nicht zu schädigen, sondern einzig die Menschen, die auf ihren Stirnen nicht G'ttes Siegel trugen. Den Heuschrecken wurde nicht erlaubt, sie zu töten, sondern ausschließlich, ihnen 5 Monate lang Schmerzen zuzufügen.“ Dann beschrieb Jochanan, dass der verursachte Schmerz zu vergleichen war mit einem Skorpionsstich. Binjaschar erinnerte sich ganz genau, was er selber gelesen hatte im "Neuen Bund". Über die Auswirkung auf das menschliche Verhalten konnte man erfahren, dass „in jenen Tagen die Menschen den Tod suchen und ihn herbeisehnen würden, ohne dass er einträte“ Doch was nicht zu Helikoptern passen wollte, war die genauere Beschreibung der Heuschrecken: Sie hatten auf ihren Köpfen „etwas wie goldene Kronen“, außerdem waren sie "langhaarig wie Frauen“. in der Antike trugen alle anständigen Frauen langes Haar. Kurzes Haar war eine Bestrafung, die man den Huren und Prostituierten zugedacht hatte. Das lange Haar hielt sich sogar noch bis zum Anfang des neuen Milleniums, wenn auch längst nicht mehr als Zeichen der anständigen, keuschen Frau. Immer mehr Jüdinnen und Christinnen hatten Kurzhaarschnitt, und viele wurden auf den ersten Blick mit Männern verwechselt. Zeitgleich ließen nur wenige Männer ihr Haar wachsen, so dass man diese von hinten wiederum für Frauen hielt. Jetzt schrieb man das Jahr 2015, und viel hatte sich verändert in Kultur, Mode und Lebensgewohnheiten. Das auf Gorbatschow´s Initiative stattgefundene Treffen mit führenden Köpfen aus Politik und Wirtschaft hatte ergeben, dass 20% der Weltbevölkerung ihre Arbeit behielten, während alle anderen 80% in die Röhre schaun durften und mittels Brot und Spielen bei Laune gehalten würden. Jetzt, ungefähr 30 Jahre später, war der unselige Plan brutale Realität geworden. Als unausweichliche Folgen entstanden überall schlagfähige Banden, die sich durch Plünderung und Gewalt ein möglichst großes Stück des kargen Kuchens verschaffen wollten. Zum Teil entbrannte täglich ein offener Krieg mit Polizei und Schutztruppen, zum Andern kollaborierten sie mit den Sicherheitskräften. Das neue Spiel namens Korruptionspoker verschärfte die Lage nur, satt irgend jemandem Erleichterung zu bringen. Oft konnte man beobachten, wie 3 oder mehr Banden zur selben Zeit ein Warenlager stürmen wollten. Immer gab es erstmal Tumult, bis geklärt war, wer das Vorrecht zum Plündern besaß. Die unterlegenen Banden mussten voller Prellungen und Wunden abziehn.
Binjaschar überlegte: die Dauer des Heuschreckenterrors war auf 5 Monate beschränkt. Wann also war der Meteor eingeschlagen? Dass es hierbei schon kein Meteorit mehr sein konnte, gaben die Behörden damals erst nach langem Zögern zu. So sprachen manche Leute außer von einem Meteoriten auch von einem Kometen oder dem großen Jahrtausend-Meteor. War ja letztendlich auch egal, dachte Binjaschar. Außer, dass "Meteor" in den anderen Sprachen `Herabgefallener´ bedeutete und `Stern´ gleichbedeutend war mit `Engel´, also ein ein direkter Hinweis auf dämonische Aktivitäten darstellte, war es ohne Bedeutung. „Sie hatten“, hieß es weiter über die Heuschrecken mit Löwenzähnen, „als König einen Engel des Abgrunds über sich, dessen Name in Hebräisch `Abadon´ ist und in den anderen Sprachen `Zerstörer´.“ Alles klar, soweit. Vor vielen Jahren hatte Rabbi Jah'El ihm diese Schriftstellen gezeigt. Ja, Binjaschar war informiert. Wann genau hatte sich diese Katastrophe ereignet? Er musste sich mit seinen Gefährten beraten. Ob sie sich noch an die ersten Meldungen erinnern konnten?
Die Morgendämmerung war nur von kurzer Dauer, wie jedesmal im Sommer. Doch dieses Jahr war das Erste einer neuen Ära in der Menschheitsgeschichte. Die Katastrophen der letzten Monate hatte es vorher noch nie gegeben. Meteore, das wusste Binjaschar, schlugen bislang nur 1 Mal ein: Zur Zeit, als die Menschheit voller Gewalt und Brutalität war. Gott hatte damals eine Generalreinigung beschlossen. „Es gibt“, so dachte Er, „leider keinen anderen Weg mehr!“ Einzig und allein 4 Ehepaare hatten das Gericht überlebt. Von diesen stammten die 3 Rassen der Menschheit ab. Man unterschied Negroiden, Mongoliden und Europiden. Alle Völker waren deutlich in diese 3 Zweige einteilbar. Was Noach und seine Frau anbelangte, so war ihr Erbgut noch hochkomplex. Bei ihren 3 Söhnen jedoch konnte man sehr deutlich die Differenzierung erkennen: Schem hatte leicht olive Haut, kurzes, schwarzes welliges Haar mit auffälliger Kräuselung, dunkle Augen mit starken Brauen und eine ausgeprägte, gewölbte Nase. Cham war von fast schwarzer Haut, hatte ebenfalls dunkle Augen, jedoch schmale Brauen. Eine kurze Nase mit breiten, flach anliegenden Flügeln ließ das Gesicht markant erscheinen. Ganz anders war Jefeth: Er war im Vergleich zu seinen dunklen Brüdern bleich, hatte blaue Augen und helles, strohfarbenes glattes Haar. Ein starker Bartwuchs unterschied ihn von Cham, dem jegliche Tendenz dazu fehlte. Schem schien in manchen Punkten zwischen seinen so gegensätzlich aussehenden Brüdern zu sein: Seine Augen waren nicht so schwarzbraun wie bei Cham, sondern hatten eher ein mattes Gelbbraun, mit leichtem Orangestich. Die Augen ihres Vaters Noach wiesen ein Graubraun auf. Diese Augenfarbe konnte man feststellen, als die Kinder Jefeth´s die von Schem heirateten. Die daraus hervorgegangenen Menschen hatten genau solche Augen wie ihr Stammvater Noach, während Cham´s Attribute sich bei allen Mischlingen durchzusetzen vermochte. Erst in der zweiten Generation hellte die Haut sich auf, so dass diese Nachkommen große Ähnlichkeit hatten mit Schem.
Inzwischen war der Horizont in intensives Rot getaucht. Aller Tau war längst schon verdunstet, und warme Luftzüge kündigten die Hitze des Tages an. Selten war ein Vogel zu hören. Ja, diese Tiere hatten wohl sehr viel eingesteckt infolge der Katastrophen. Die monatelange, niederschlagsarme Hitze dörrte alles aus, und nur Pioniere wie Ginster und weitere robuste Pflanzen konnten sich ausbreiten. Ein Trost waren die vielen, in mannigfachen Farben blühenden Sommerblumen, die sich allmählich mit wenigen weiteren Südeuropäern in Mitteleuropa etablieren konnten. Das Klima in Skandinavien und Nordosteuropa blieb stellenweise etwas kühler, besonders in Feuchtgebieten. Doch dort konnte kaum jemand wohnen, ohne den Sumpf zu zerstören. Feldfrüchte vertrugen nunmal keine Staunässe. Außerdem wimmelte es von überdimensionalen Stechmücken, deren Vermehrung durch das erwärmte Erdklima wesentlich rascher vor sich ging. So kam es in letzter Zeit oft vor, dass riesige Schwärme aus dem Norden nach Süden vorstießen. Wehe den Warmblütern, die davon überrascht wurden! Zwar starben die Mücken bald, weil sie nirgends ihre Eier ablegen konnten und für eine Rückkehr in die nördlichen Gewässer zu schwer waren, doch die zerstochenen Opfer durchlitten qualvolle Wochen. Manche Tiere starben an Schwäche. Überall gab es Orte, wo der Geruch von Verwesung in der Luft lag. Die mittlerweile zusammengeschlossenen Schutz- und Polizeitruppen bildeten mit dem Militär eine weltweite Kontrollbehörde, deren Führungskräfte zur Elite der global denkenden Esoteriker gehörte. Über den Weltempfänger hatte die Gruppe alle Veränderungen mitverfolgt und tauschte sich rege darüber aus. Insbesondere Binjaschar machte keinen Hehl daraus, dass ihnen eine Zentralregierung á la Strassbourg ins Haus stand. War schon die europäische Diktatur schlimm genug, so konnte sich die drastische weltweite Situation eigentlich nur noch steigern. Henk versuchte, eine pessimistische Stimmung abzuwehren und sagte, dass ja irgendein Gremium geschaffen werden musste, um die Weltbevölkerung nicht sich selbst zu überlassen. „Wir müssen uns eingestehn“, überlegte er, „dass eine Anarchie mit Clanwirtschaft genauso schlimm wäre. Überall hätten wir Wegelagerer, die Zoll von den Männern und Sex von den Frauen verlangen. Ist angesichts dieser Tatsache eine Ordnung nicht doch ein geringeres Übel?“ Und zu Binjaschar gewandt, fügte er hinzu: „Zu diesem Zweck, wenn ich deine Theologie richtig verstanden habe, soll uns doch die Obrigkeit dienen, oder nicht?“ Binjaschar pflichtete der Ausführung bei, jedoch unter Hinweis auf den Mißbrauch der Macht in totalitären Systemen. „Und, Freunde“, ergänzte er, „diesmal haben wir eine Lücke: Die Regionalregierungen sind zusammengebrochen. In dieses Vakuum werden die Strassbourger geeignete Posten installieren. Damit müssen wir rechnen, denn schon die Logik gebietet uns diese Erwägung. Amerika und Strassbourg, die beiden Mächtigen...“, sagte er mit nachdenklichem Gesicht, „Russland´s Linke und Rechte sind ja längst schon Waffenbrüder gegen die Freiheit und gegen mein jüdisches Volk. In der Bibel sehn wir, dass `Gog aus Magog´ eine starke Millitärmacht bilden wird, um Israel zu vernichten. `Gog´ bedeutet Deutschland, und `Magog´ Europa, wenn wir die biblische Landkarte betrachten. Wir kennen Deutschland ja als maßgeblichen Kopf des Europarlaments. Amerika besteht zum Löwenanteil aus Europa´s Kindern. Rußland wird auch bezeichnet als „der Mächtige aus dem äußersten Norden“, wie wir nachlesen können, wenn wir endlich das Versteck erreicht haben. Auch die Nordvölker sind erklärte Feinde Israel´s, wie uns die Mitglieder der GUS ja zeigen. Also braut sich unter den jetztigen Machtverhältnissen was zusammen!“ „Klar tut sich da was“, lenkte Eilers ein, „aber denkst du wirklich, Israel ausgerechnet sei ein Machtfaktor? Nur, weil es zentral gelegen ist und Afrika, Asien und Europa verbindet? Hast du deine Theorie nur aus der Bibel, die uns nicht einmal vorliegt?“ jetzt erklang eine helle Stimme: „Was, wenn uns nur noch die Bibel Auskunft geben kann?“, fragte die bisher schweigsame Stella. Die Männer waren verblüfft. Einmal über Stella´s unerwarteten Einwand, aber auch wegen dieses Gedankens. Ja, was wäre, wenn...? Die Bibel, wie sie ihnen von Binjaschar zitiert worden war, zeigte wirklich frappante Parallelen mit all den Geschehnissen um sie herum. Schweigend sannen die Tierpfleger vor sich hin. Sie hielten sich das Kinn oder klappten mit ihren Augen, während sie ins Feuer starrten. Instinktiv hielten Binjaschar und Stella sich zurück. Sie merkten, dass die 3 jetzt Zeit zum Nachdenken brauchten. Innerlich baten sie den Herrn der Ernte, seine Saat in ihnen zum Keimen und Sprossen zu bringen.
Der Tag war schon weit vorgerückt, und niemand hatte bisher ein Wort gesagt. Schweigend ging jeder seiner Aufgabe nach. Eine merkwürdige, behutsame Stille füllte den ganzen Platz, wo sich die Gruppe befand. Sie waren auf der Erhebung geblieben, solange der Verletzte noch liegen musste. Die Wunden waren gereinigt und sorgfältig mit Nylon vernäht. Jetzt mussten sie innerlich zuheilen. Wenigstens 1 Woche würde das Ganze wohl in Anspruch nehmen, hatten sie kalkuliert. Henk nahm das Gewehr an sich und ging auf der vor ihnen liegenden Seite die Senke hinunter. Er hatte ihnen kurz gesagt, dass er in spätestens 5 Stunden wieder bei ihnen sein werde. Als er das freundliche Nicken der Gefährten sah, vergeudete er keine weitere Minute mehr und marschierte talwärts. Grade war Stella bei ihrem Patienten, als ein etwas verlegener Eilers das Zelt öffnete und fragte, wie es dem Mann ergehe. Stella bat ihn erst mal herein. Als er in ihrer Nähe stand, kratzte er sich hinterm Ohr. Er wusste nicht, wo er anfangen sollte. Stella ließ ihm Zeit. Schließlich sagte er: „Das, was du da gesagt hast, also das mit der Bibel... ähm, ich meine...“ Jetzt sah er ihr direkt ins Gesicht. Sie nickte ihm ermutigend zu, und schließlich fasste er sich ein Herz und vertraute sich ihr an: „Also, Stella, ich bin ja nicht grade ein braver Bürger, und fromm bin ich überhaupt nicht.“ „Das muss man bei G'tt auch nicht sein!“, lächelte Stella ihn aufmunternd an. Eilers räusperte sich, um endlich zu sagen, was in seinem Herzen brodelte: „Also, Stella, ich hab noch nie mit diesem G'tt gesprochen und weiß nicht, wie man das macht. Ich meine, wie kann ich Ihn kennenlernen? Ich seh euch jeden Tag, wie seelenruhig ihr all das ertragt. Und dabei seid ihr auch noch frisch, ich meine fröhlich. Stella, was soll ich machen, um auch zu Ihm zu gehören?“ Stella wäre fast geplatzt vor Freude, doch er brauchte jetzt einfühlsame Begleitung. Immer noch voller Freude, bat sie innerlich den Herrn, sie zu beruhigen und ihr jetzt Weisheit zu schenken. „Lieber Stephan“, begann sie freundlich, „Wenn du nicht weißt, was du zu Ihm sagen sollst, kann ich dir dabei helfen.“ „Ja?“, fragte er aufgeregt und dachte: "Man, ich rede jetzt mit G'tt! Ich will es wissen, jetzt oder nie!" Stella sah entschlossen aus. „Gut“, sagte sie, „Dann lasst uns knien vor Ihm.“ Beide sanken auf ihre Knie und schlossen ihre Augen. „Herr, hier ist jemand, der klopft an Deine Tür.“, hörte Eilers, „Stephan, sprich mir einfach nach, wenn du keine eigenen Worte findest, ja?“ „O.K.“, war seine Antwort. Stella´s Stimme war ruhig und klar, als sie ihm langsam, mit Pausen, ein sogenanntes Übergabegebet vorsprach. Die Pausen waren für ihn, die Worte zu wiederholen. Sie brauchte gar nicht mehr weiter zu sprechen, als Eilers eigene Worte fand, um sein Verlangen dem Schöpfer und ihn liebenden Vater entgegen zu bringen. Es sprudelte so heraus aus seinem übervollen Herzen, dass Stella nur ab und zu leise „Ja!“, „Danke, Herr!“ und „Amin!“ sagte. Auf einmal hörte sie ihn schluchzen. Sollte sie ihm eine Hand auf die Schulter legen? Sie wusste nicht, ob ihn das ablenken würde und hielt sich zurück. Leise sagte sie ihm: Du darfst ruhig weinen! Du brauchst dich nicht zu schämen, weder vor Ihm noch vor mir oder irgend jemanden sonst!“ Das half ihm, und endlich erleichterte er sein bedrücktes Herz, zum 1. Mal vor G'tt.
Henk hatte das Tal erreicht. Gespannt hielt er Ausschau nach Spuren der Tiere. Da raschelte es leise schräg vor ihm. Das Gewehr im Anschlag, schritt er langsam darauf zu. Er nahm eine Bewegung wahr: Die dürren Grashalme teilten sich kurz, um sofort hinter den sich neu teilenden wieder zusammen zu kommen. Ein kleines Tier musste das wohl sein, und richtig: ein Igel schnuffelte da vor sich hin. Erleichtert atmete Eilers auf und schüttelte amüsiert seinen Kopf. „Etwas nervös, der Herr!“, neckte er sich selbst. Er ging leise ein paar Meter weiter und hielt inne. Hier war eine freie Fläche, von Steinen und Gras dominiert. Aufmerksam suchten seine Augen die Umgebung der Stelle ab, vielleicht waren ja die Katzen in der Nähe? Vorsichtig trat er aus dem Ginsterdickicht heraus. Augen und Ohren waren aufs Äußerste aktiv. Er war im Zentrum der Fläche angekommen, als er stutzte. Für einen kurzen Augenblick meinte er, einen weißen Schimmer auszumachen. Lautlos nahm er das Gewehr in Anschlag, nach allen Seiten sichernd. Langsam bewegte er sich auf den Punkt zu, wo er das Tier vermutete. Für einen Moment verhielt er: Hatte er nicht soeben ein Schmatzen gehört? Jetzt konnte er nicht länger schleichen, sonst hätte die Katze ihn als Feind betrachtet. Also rief er lockend alle Namen der Zuchtgruppe, bis auf Maharadschah, der ja oben auf der Anhöhe war. Langsam näherte er sich dem Punkt. Henk van Brinck fühlte sich wie ein im Halbdunkel Tappender. Er durfte nicht vergessen, zu rufen, jetzt, wo der Abstand sich zusehends verringerte. Da! Was war das? Ein seltsames Knacken und Rascheln verriet ihm, das irgend etwas wenige Meter seitlich von ihm vor sich ging. Er drehte sich in Richtung der Geräusche, leise rufend. Langsam schritt er die wenigen Meter voran und blieb abrupt stehn. Was da war, jagte ihm einen kalten Schauer über den Rücken, und er zweifelte fast an seinem Verstand. War das wahr, was er da vor sich mit eigenen Augen sah? Wortlos näherte er sich der unglaublichen Szenerie. Er nahm kaum zur Notiz, dass die Katze ihn mit ihrem Kopf begrüßte, sich mit ihren Vorderläufen an ihm stützte und sein Gesicht leckte. Das, was er da vor sich liegen sah, hatte ihn wie ein Donner gerührt: ein großes, grünbraunes Etwas mit 2 langen peitschenartigen Auswüchsen am Kopf und langen Flügeln! 6 Beine konnte er zählen. Der weiche Hinterleib war teilweise aufgerissen und gefressen. Eine zufriedene weiße Katze mit kugeligem Bauch lehnte sich noch immer an seine Seite. Als er sich von dem Anblick etwas erholt hatte, nahm er sich Burmi´s an. „Jaaa, mein Lieber!“, sagte er, als er den Kater kraulte. Henk sah sich noch mal nach dem Insekt um. Jetzt weiteten sich seine Augen: was war das da für ein rundes Ding in der Nähe des angefressenen Hinterleibes? Langsam ging er darauf zu, Burmi im Auge behaltend. Als er den Gegenstand aufhob, zeigte Burmi kein Intresse daran. Henk sah voller Staunen, was er da in seinen Händen hielt: Es war ein überdimensionaler Skorpionsstachel! Der Mann schüttelte seinen Kopf und murmelte: „Verdammt! Wer wird mir das glauben?“ Sorgfältig fasste er mit einer Hand um den Stachel. Mit der Anderen wollte er Kontakt zu Burmi halten. Die Pfleger hatten sämtliche verfügbaren Halsbänder und Leinen aus den Gebäuderesten des zerstörten Safariparks mitgenommen. Was die Giraffen betraf, so fehlten ihnen die Geräte, diese großen Langhälse einzufangen. Sie mussten ihnen den Freigang wohl oder übel gewähren, auch wenn es Verluste geben würde. Bei Zebras und weiteren Pferdeartigen brauchte man lediglich den Leithengst, um die ganze Herde zusammen zu halten. Die Herde blieb, wo er sich befand. Wie froh waren die Männer, dass ihnen die aggressiven Paviane noch nicht begegnet waren.
Stella stand ein wenig entfernt vom Lager. Sie hatte das Fernglas mitgenommen und beobachtete das Panorama. Ihr Blick schwiff langsam rundum. Weites Land, wie sonst nur in Mittelmeergegenden üblich, breitete sich nach allen Richtungen aus. Eine Macchie aus Ginster und Heide prägte die Landschaft. Selten war ein Jungbaum auszumachen, und es waren fast nur Pioniere wie Birken und Eichen. Die Sonne zauberte ein besonderes Bild: Man sah eine schwärzliche Fläche im Hintergrund, während nach vorn zu das Schwarz immer mehr dem charakteristischen Grün wich. Oberseits glänzten die einzelnen Ginsterzweige über dem dunklen Grund der beschatteten Teile. Plötzlich setzte Stella das Fernglas ab, wedelte mit ihrem rechten Arm und hüpfte dabei. Freudig lächelte sie in Richtung Tal. Von dort schwenkte jetzt jemand einen Gegenstand hin und her. Um was es sich hier handelte, konnte Stella nicht erkennen, doch sie war voller Freude, den Menschen wieder zu sehn. Als er ein gutes Stück näher gekommen war, wollte Stella ihm entgegeneilen. Doch jäh blieb sie stehn. Da war ja noch jemand bei ihm! Henk rief: „Stella, hol Thomas, ich brauche seine Assistenz!“ Stella hatte verstanden und eilte zum Lager. „Na, alter Freund? Jetzt gibt es ein Wiedersehn.“, sagte in knurrigem Ton Henk, als er Burmi ansah. „Und neue Freunde gibts auch!“, fügte er hinzu. „Und, um dir das nicht zu verschweigen, da sind auch 2 komische Kerle, auf die du aufpassen wirst. Na ja, du wirst gleich alle sehn.“ Kaum hatte Henk Burmi eingeweiht, kam auch schon Neusser das Tal hinunter. „Hier, Thomas, nimm die Leine an dich!“ Neusser griff die Schlaufe und begrüßte Burmi. „Hat Emirolu uns nichts von 2 Katzen gesagt?“, fragte Thomas jetzt. „Also“, gab Henk zurück, „mir ist nur Burmi begegnet...“ Und nach kurzem Zögern sagte er weiter: „Und das hier!“, wobei er den Fund hochhielt. Ungläubig starrte Neusser auf das Gebilde. Tonlos bemerkte er: „Das gibs nich!“ Er war sprachlos, genau so wie Henk, als dieser das Insekt mit eigenen Augen vor sich gesehn hatte. Neusser schaute Henk an, der nur vielsagend nickte. Von der Anhöhe drangen Rufe zu ihnen, und langsam setzten sie wieder ihren Weg fort. Oben gab es auch schon Freudebekundungen und Hallo. Endlich erreichten sie die Wartenden. Eigentlich wollte Henk das Fundstück hinter seinem Rücken verbergen, doch Neusser kam ihm zuvor: „Ihr könnt euch ja gar nicht vorstellen, was unser guter Henk noch da unten gefunden hat!“ Also gut, jetzt musste er ja das Teil vorzeigen. Mit ernstem Gesicht hielt er ihnen den Stachel entgegen. Da standen sie, mit aufgerissenen Augen und Mündern. Leise sagte Stella: „Das...“, doch weiter konnte sie nichts hervorbringen. Wortlos begaben sie sich zum Lager zurück. Erst hier brachen sie das Schweigen, und eine lebhafte Debatte begann. Der angebundene Emirolu verfolgte alles schweigend. Auch, als Binjaschar ihm den Fund zeigte und bemerkte: „Da, sieh! Die Bibel ist eben doch wahr!“, schwieg er und dachte nur kalt: „Wie schön für dich!“. Es war ihm als Moslem egal, wie viele Beweise diese Ungläubigen auch immer vorzeigen würden. Sein G'tt würde letztendlich alle diese Unreinen vernichten, bis die ganze Erde erfüllt wäre mit dem bekannten arabischen Ruf, der von Schreitürmen oder Anhöhen aus erscholl. Überall, vom Nordpol zum Südpol und von Amerika über Afrika bis hin zu Ostgrenze von Europa würde bald die Flagge des Halbmondes triumphierend im Wind flackern!
„Also, Leute“, unterbrach Henk´s Stimme die allgemeine Aufregung, „Ich muss schnell wieder ins Tal. Ähm, also, da liegt noch mehr von dem Zeug. Thomas, kommst du mit mir? Kann ja sein, unsere Nummer 3 schleicht noch da rum.“ Es war schon später Nachmittag, doch Henk drängte darauf, den Rest sofort zu bergen, bevor die zweite Katze Appetit bekam. Die beiden Männer nahmen den Kasten, in dem sonst das Gewehr lag, als grade und feste Unterlage mit. Jetzt schritten sie zügig voran, um keine Zeit zu verlieren. In wenigen Stunden mussten sie wieder zurück sein, wenn sie nicht von der Dunkelheit überrascht werden wollten. Die Andern kehrten wieder unter lebhaften Worten zurück zu den Zelten. Eilers hatte Binjaschar seine Entscheidung mitgeteilt. Hoch erfreut lagen sie sich in den Armen. Zusammen mit Stella hatten sie dann immer wieder kurze Treffen, um den Herrn, ihren G'tt, anzubeten und sich Rat von Ihm zu holen. Für Eilers war das alles noch ganz neu, und er musste sich erst mal auseinandersetzen mit der Tatsache, dass G'tt wirklich mit Leuten sprach, wie ein Mensch das tat.
Fast waren die beiden Männer bei der freien Fläche angekommen, als Neusser Henk am Arm hielt und mit dem Gewehrlauf auf einen Punkt zeigte. „Alles klar, Thomas“, beruhigte Henk ihn, „Das ist ein rotes Tuch, damit wir den Kadaver schnell finden und bergen können! Denn Burmi hat ihn angeknabbert. Wer weiß, welche Tiere noch Lust auf dies Futter bekommen?“ Angesichts einer solchen möglichen Begegnung beobachteten sie genau ihre Umgebung und riefen die Namen der noch nicht wieder aufgetauchten Katzen. Am Fundort angekommen, starrten sie auf das große Insektentier. Lediglich eine Maus war bei ihrem Kommen aufgeschreckt worden und floh aus dem angefressenen Hinterleib der Heuschrecke. Vorsichtig, unter Beachtung der Hebelgesetze, fassten sie das Tier und legten es auf den bereitliegenden Waffenkasten, den sie ruhig hochhoben. Darauf bedacht, es nicht vom Kasten rutschen zu lassen, stiegen sie wieder bergan. Trotzdem musterten sie aufmerksam, was um sie herum vor sich ging. Jetzt konnten sie wirklich keinen Besuch gebrauchen! Mit einer Hand hielten sie den Kasten, mit der Anderen das schon stinkende Tier. Neusser hatte Ihr Gewehr zwischen Hose und Gürtel festgeklemmt. Oben angekommen, würden sie das Tier aushölen und konservieren, so gut es ging. Sie brauchten wirklich nicht viele Worte zu verlieren über den Fund. Binjaschar´s Beschreibung stimmte absolut überein damit: Tatsächlich wies es eine für Insekten untypische Mähne auf, hatte lange Zähne und eben diesen Skorpionsschwanz. Die Gesamtlänge betrug wohl 2 Meter, als es noch lebte. Schaurig, von einem Schwarm dieser Monster angegriffen zu werden! Und bisher hatten sie wirklich verdammtes Glück, überlegte Henk. Sie waren auf halber Höhe, als hinter ihnen ein Brausen lauter wurde. Mit großen Augen schauten sie sich an und dann langsam nach hinten. Der Schreck fuhr ihnen ins Blut, als das Unfassbare direkt auf sie zukam. „Henk, was machen wir denn jetzt?“, schrie Neusser nervös. „Absetzen!“, rief Henk durch das laute Dröhnen des anrückenden Geschwaders. Kaum lagen Kasten und Kadaver zwischen ihnen, zog Neusser das Gewehr. „Halt!“, schrie Henk, „Wenn die uns schon wollen, sollen sie auch Spaß dabei haben! Lass die Biester nah genug rankommen!“ Doch schon im nächsten Augenblick erschienen die riesigen Insekten vor ihnen. Grade wollte Henk schreien: „Halt drauf!“, als auch schon die ersten Geschosse auf deren Köpfe klatschten. Doch einige prallten ab, so dass die Männer befürchteten, eine Selbstschußanlage vor sich zu haben. „Thomas, ziele zwischen die Augen, da sitzt das Gehirn!“, hörte Henk sich selber. In der Not bückte Henk sich und zog den Kasten unter dem Kadaver hervor. Im nächsten Moment schlug er damit wild auf die Tiere ein. Ein paar torkelten benommen zu Boden, doch es mussten mindestens 40 sein! Nur 5 der Insekten saßen immer noch desorientiert im Gesträuch, die Meisten schnellten sich mit ihren Sprungbeinen auf die Männer zu. Im Lärm der Flügel und Schüsse konnte man kaum noch seine eigene Stimme hören. Plötzlich sahn die Männer zwei weiße Helfer an sich vorbei rasen. Mit Gebrüll sprangen die Katzen hoch und rissen mit ihren Pranken die weichen Hinterleiber auf. Die Heuschrecken krümmten bedrohlich ihre Schwänze nach unten und versuchten, die Stacheln in die weißen Körper zu schlagen. Tapfer kämpften die Katzen. Die Munition war längst schon verschossen. Neusser hieb mit dem Kolben auf die Insekten ein. Allmählich hielten sich nur noch wenige der Tiere in der Luft. Was den Beiden Sorge bereitete, war, dass die Heuschrecken im Gesträuch nicht aufgegeben hatten und nun zu Fuß auf die 4 zukamen. Als endlich die letzte Heuschrecke zu Boden ging, rief Henk: „Rückzug! Vielleicht schaffen wirs!“ die Männer hetzten den Hang hinauf. Erst als ihnen die Luft ausging, blieben sie stehn und schauten zurück. Ihre Katzen waren unten geblieben und schlugen mit ihren Pranken klatschend gegen die Chitinpanzer der Heuschrecken. Die Insekten wirbelten durch die Luft und blieben in den Sträuchern liegen. „Los, holen wir uns die am besten Erhaltenen!“, sagte Henk, als er wieder zu Atem gekommen war. Neusser wollte protestieren, doch Henk war schon wieder auf dem Weg nach unten. Er achtete nicht auf Neusser´s Rufe. Nichts konnte ihn aufhalten. Da waren die Beweise, die diese Bibelgläubigen ihm schuldig geblieben waren. Er wollte möglichst viele der noch kaum versehrten Beweisstücke bergen und konservieren. Dass zur selben Zeit überall auf der Welt Leute damit beschäftigt waren, sich der letzten Heuschrecken zu entledigen, kam ihm nicht in den Sinn. Als er bei den immer noch wütend auf die Heuschreckenleiber eindreschenden Katzen ankam, sah er, dass Diese von der Haut kaum noch etwas unbeschädigt lassen hatten. Er ging von Tier zu Tier. Nur 1 einziges war noch zu gebrauchen. Offenbar hatten die Katzen es bisher verschont. Lediglich ein Durchschuss war zu finden, und er musste das Herz direkt erwischt haben. Wie konnte man das große Tier jetzt hochtragen, ohne dass die Katzen sich dessen bemächtigten? Henk überlegte nicht lange, sondern packte es bei den Vorderbeinen, lud es mit dem Rücken auf seinen Eigenen und ging im Bogen um die noch immer beschäftigten Katzen herum. Diese bemerkten ihn tatsächlich nicht. Ihre Wut auf die längst schon zerfetzten Angreifer machte sie rasend bis zur Erschöpfung. Und selbst, als sie sich lagerten, fauchten sie noch die toten Heuschrecken an.
Dämmerung breitete sich aus, als die Männer unter wissenschaftlicher Anleitung Stella´s das gut erhaltene Tier entfleischten und anschließend sorgfältig den freigelegten Chitinpanzer von innen und außen mit entkeimendem Speziallack einsprühten. Die Pfleger hatten einige Chemikalien retten können, als sie den Safaripark aufgeben mussten. So hatten sie der Nachwelt einen eindrücklichen Beweis und gleichzeitig auch eine überdeutliche Mahnung erhalten. Vom Tal her hörten sie ab und zu die Katzen röhren. Irgendwann würden sie kommen. Bis dahin musste ein geeignetes Gefäß gebaut sein, um das sperrige Insektentier vor ihrem Zugriff zu sichern. Es war nicht leicht, aus dem Ginster eine Art Korb zu fertigen. Sie hätten ja auch den Baum verwerten können für eine Kiste, doch diese wäre zu schwer geworden. Außerdem fehlte ihnen die Säge für derlei Aktionen. Wo die geblieben war, wussten sie nicht. Den länglichen Korb hatten sie genau passend für das Insekt zusammengebunden und hoch genug aufgehangen. Immerhin war eine solche Katze in der Lage, aus dem Stand mehrere Meter hoch zu springen. Zusätzlich hatten die Pfleger einen Gellstoff außen aufgetragen, der auch Großkatzen effektiv abhielt.
Während der Präparation hatten Eilers und Binjaschar sich zu Bett begeben, um einigermaßen die in wenigen Stunden bevorstehende Nachtwache durchzustehn. Ihre vierbeinigen Wächter wussten, wo das Lager sich befand. Es war gut, sie jetzt als Vorposten zu haben. Sie kontrollierten das Tal und waren schnell zur Stelle, sollte es jemandem einfallen, von deren Seite aus ins Zeltlager einzudringen. Nur, das war ein echtes Risiko, falls die Bande käme, müssten die Katzen gegen Menschen kämpfen. Denn sicher waren die vielen Banditen verrückt genug, sich überlegen zu fühlen gegenüber nur 2 Katzen. Gewiss würden sie auch angesichts dieser wehrhaften Tiere auf ihre Waffen vertrauen.
Eilers hatte einen seltsamen Traum, und er konnte sich nicht erinnern, jemals sowas geträumt zu haben. Nein, er war sich gar nicht mal so sicher, ob es wirklich ein Traum gewesen war. Oder hatte er das alles nicht viel mehr erlebt? Es war dermaßen real, dass er unbedingt Binjaschar davon erzählen musste! Als er seine Augen öffnete, sah er direkt in Binjaschar´s „Joschiah, du bist schon wach?“, fragte er verwundert, „Wie spät ist es überhaupt? Haben wir wenigstens 2 oder mehr Stunden geschlafen?“ Binjaschar sah ihm in die Augen, und es war dieser Blick, der Henk beruhigte. Eine seltsame Tiefe war darin, und es kam Henk vor, als schaute er in so viel mehr hinein. Da war etwas, das ihm noch völlig unbekannt sein musste. Zögernd begann Henk, von seinem seltsamen Traum zu berichten. Scheinbar war Binjaschar gar nicht überrascht. Er hörte ihm zu, als habe er darauf gewartet. Konnte es etwa sein, dass er gewusst...? Henk beschlich eine Ahnung, doch er konnte sich nicht einlassen darauf. Nein, er musste Binjaschar alles erzählen! „Ja, Joschiah, da waren diese Heuschrecken, doch sie starben fast gleichzeitig. Überall sah ich sie liegen. Sie bewegten sich nur noch langsam. Da kamen Mäuse, Vögel und andere übrig gebliebenen Tiere. Sie fraßen die Insekten einfach auf. Nur noch Beine, Fühler und der Rückenschild mit seinen Flügeln blieben übrig. Überall konnte man die Reste rumliegen sehn. Doch was war das, was ich da gesehn hab? Ich dachte mir: Nein, schon wieder solche Viecher! Doch diesmal waren es Andere. Es fällt mir schwer, sie zu beschreiben, die waren einfach anders. Mit Pferdeköpfen und Saurierflügeln. Sie hatten irgendwie ein langes Ende, fast wie bei einer Schlange, und eine Art Kugel an dessen Spitze. Das Verrückteste war: auf ihnen ritten so Männer mit erhobenen Schwertern. Ihre Beine, die sahn aus wie bei Kühen oder Ziegen. Dazu hatten sie auch noch Hörner wie bei Ziegen. Also, um das Ganze noch außergewöhnlicher zu machen, pusteten diese Pferde auch noch Feuer! Also, Binjaschar, ehrlich: hast du jemals etwas derart Verrücktes geträumt?“ Binjaschar sagte nur in ruhiger Stimme: „Sprich weiter, Henk!“ „Ja, also, ich weiß ja nicht, ob so ein Traum überhaupt was bedeutet, aber diese Pferde mit ihren Reitern, also, die kamen direkt aus den Resten der Heuschrecken. Plötzlich waren sie da! Und von fern konntest du Feuer sehn. Überall brannte es, Menschen- ich sah Menschen sterben in den Flammen, die diese Pferde direkt auf sie pusteten. So, als wären sie lebende Flammenwerfer! Es wimmelte von ihnen, also, ich meinte, da hätte jemand eine Zahl gesagt. 2 Millionen oder so. Joschiah, was war das nur?“ Binjaschar wartete, bis Henk wieder etwas ruhiger geworden war, und sagte: „Was du da gesehn hast, Henk, ist leider kein bloßer Traum. Es ist die brutale Wahrheit. Und zwar so wahr, wie die Heuschrecken, die euch überfallen haben. Ja, auch das steht in der Bibel. 2 Millionen Soldaten werden mit ihren Flammenwerfer-Pferden ein volles Drittel, ich sage ein volles Drittel der gesamten Menschheit auslöschen!“ Henk rief: „Waaas?“ und sah Binjaschar entsetzt an. „Ja“, sagte Dieser, „Das steht uns noch bevor. Doch höre: Wer das Siegel G'ttes an seiner Stirn empfängt, wird überleben. Wie, weiß ich nicht. Ich kann mir nur denken, dass der Herr ihnen verbietet, solche Menschen anzugreifen. Genauso steht es über die Heuschrecken: Nur die Versiegelten wurden verschont. Ihr Beide habt ja allerhand Kratzer abbekommen. Doch gestochen haben die euch nicht. Ich denke, Er hat euch beschützt, weil Stella Ihn darum gebeten hat.“ Als Henk das hörte, fragte er sich: „Wer ist `Er´? Meint Joschiah etwa G'tt?“ „Wieviel Zeit uns noch bleibt“, hörte er Binjaschar weiter, „weiß ich nicht. Jedenfalls, nach deinem Traum zu urteilen, steht uns dies Massaker unmittelbar bevor. Die Wesen kamen direkt aus den toten Heuschrecken, sagst du. Und sofort waren sie überall. Jedenfalls kommen sie ohne Vorwarnung. Dein Traum“, schloss Binjaschar, „ist G'ttes Mahnung an uns.“ Jetzt wurde es Henk doch sehr ungemütlich, und er platzte heraus: „Aber was können wir denn tun? Ich meine, wir kennen doch G'tt gar nicht, so wie ihr Zwei. Was soll ich machen, Joschiah? Ich will leben!“, und leise, wie für sich selbst, wiederholte Henk: „Ich will doch leben!“
Behutsam begann Binjaschar den jetzt so wichtigen Dienst, und er wusste, dass Henk´s gesamte Zukunft davon abhing. Er sagte: „Henk, du willst überleben. Doch du hast gehört, dass du ein Siegel des Herrn brauchst. Ich muss dir sagen, dass bis jetzt ein Viertel der Menschheit an Hunger, Seuchen und eben lokalen Kriegen umgekommen ist. Ich hab all die Angaben, die uns aus dem Radio bekannt sind, zusammengerechnet und komme nicht umhin, dir zu sagen, daß dies genau die Zahl ist, die der Prophet Jochanan, also Johannes, in der Offenbarung im selben Zusammenhang notiert hat. Wenn jetzt noch ein Drittel des Restes stirbt, bleiben kaum noch Menschen übrig!“ Henk fand keine Worte und schluckte erschüttert. Was Binjaschar ihm auch immer sagte- er würde es ihm glauben. Die Heuschrecken waren eindeutig! „Und“, begann Binjaschar wieder, „wenn wir jetzt 100% minus 25% rechnen, so haben wir die Höchstzahl der bisher Überlebenden, nämlich 75%. Und von Diesen werden bald noch mal 33,3% sterben. Was kommt raus? Genau: knapp über die Hälfte. Doch es werden auch einmal 7.000 Leute durch ein Erdbeben umkommen und noch eine große Anzahl zusätzlich. Also bleibt uns theoretisch nur eine 50%ige Chance. Doch das ist für dich zu wenig, Henk!“ Tonlos nickte Henk: „Ja, viel zu wenig! Ich will aber leben, verdammt noch mal!“ „Ja, das sollst du auch.“, folgerte Binjaschar, „deshalb sind wir auch hier zusammen in diesem Zelt, ungestört von Anderen. Und ich sage dir, was du tun kannst, ja tun musst: Henk, anvertrau dich, deinen ganzen Menschen, in die Obhut JaHweHs.“ Henk´s Gesicht war anzusehn, daß ein heftiger Kampf in ihm tobte. Es war der direkte Krieg um seine Seele, ja um seine Zukunft in der Ewigkeit. Auf der einen Seite standen seine Erfahrungen, sein Weltbild und eine mächtige Festung namens Stolz, auf der andern Seite gegenüber standen die unerwarteten Erlebnisse mit biblischen Tatsachen, das Wissen um den Tod-Ernst ihrer gegenwärtigen Lage und um die offensichtliche Macht dieses Gttes, dessen Messias die Christen den einzigen Retter nannten. Binjaschar hatte während ihrer gesamten Unterhaltung mit G'tt gesprochen und Ihn um die rettende Entscheidung Henk´s gebeten. Gespannt wartete er auf Henk´s Antwort, als dieser ihn bat: „Joschiah, bitte, helf mir! Helf mir dabei, ich kann das nicht so einfach. Ich will, ja, man, ich will!“ Nach einem verzweifelten Seufzer stammelte er: „JaHWeh, du...ich hab Angst, schreckliche Angst. Wenn du mich wirklich willst, dann bitte, bitte, rette mich! Ich will nicht sterben.“, jetzt seufzte er wieder, und in seiner Not schrie er fast: „Hier bin ich, nimm mich alten Atheisten und mach was aus mir.“ Henk senkte seine Stimme: „Ich will ja glauben, daß es dich gibt, egal, was Thomas und Stephan sagen!“ Und fast jammernd sprach er weiter: „Herr, ich will Dich, ich brauch Dich. Ich weiß jetzt, dass Du wirklich da Bist. Die Bibel stimmt ja wirklich! Man, bitte, mach mich zu einem wie Joschiah oder wie Stella.“ Jetzt hielt er seine Hände vors Gesicht und zuckte mit seinem Körper. Seine Worte kamen fast stotternd: „Oh man. Herr, ich will nicht ohne Dein Siegel bleiben.“ Leise hörte er jetzt eine Stimme , und er wusste, dass das nicht Joschiah sein konnte. Auch niemand von den Andern. Der ihm so freundlich zuredete, sprach: „Mein Sohn, mein lieber Sohn. Ich Bin bei dir. Henk, Ich hab dich gerufen. Sei gewiß: du bist Mein! Hab keine Angst, mein geliebtes Kind. Hab keine Angst vor dem Schrecken, der über die Menschheit hereingebrochen ist. Ich Bin bei dir. Die Pferde, die du da gesehn hast, Ich hab sie gesandt. Ich hab ihnen befohlen, Mein Gericht zu vollstrecken an Denen, die Mich hassen und Meine Diener und Kinder abgeschlachtet haben. Aber Ich hab Mir eine neue Schar ausgewählt, und auch dein Name ist dabei! Und wegen deiner Kollegen sei unbesorgt: Stephan gehört ebenfalls zu Mir. Ja, du hast Gefährten an deiner Seite. Bleibt zusammen, denn die Menschen sind böse und wollen sich noch immer nicht zu Mir wenden. All diese Dinge lasse Ich über sie kommen, damit ihr Widerwille gegen Mich offenbar wird und sie auch vor sich selbst keine Ausrede mehr haben. Betet für einander, dass ihr standhaft bleibt. Auch Ich sorge dafür, dass euer Vertraun zu Mir in eurem Innersten wach bleibt. Und jetzt wende dich an Joschiah, Meinen erlesenen Diener. Er wird dir weiterhelfen.“ Henk hatte zuerst vor fassungslosem Staunen seinen Mund weit aufgesperrt, so unerwartet kam die Stimme G'ttes. Ja, der Schöpfer des riesigen Universums hatte zu ihm, dem kleinen Wurm, gesprochen! Doch Seine Stimme hatte ihn auch getröstet. Mit nassen Augen sah er jetzt in Binjaschar´s. Dieser erkannte, dass sein Gegenüber endlich den Frieden gefunden hatte, und umarmte ihn herzlich. Tränen der Freude liefen beiden Männern herunter, und eine tiefe Dankbarkeit zum Herrn füllte ihre Herzen.
G'tt hatte es in Seiner großen Weitsicht so geordnet, dass niemand sehn konnte, dass die beiden Männer geweint hatten. Es war dunkle Nacht, und auch das Feuer war schon zu weit runtergebrannt, als dass man ihnen ihre Emotion hätte anmerken können. Die andern 3 waren schon sehr müde nach diesem langen, anstrengenden Tag. Sie wunderten sich nur etwas über die Sanftheit, mit der Henk ihnen eine gute Nacht wünschte.
Die Astschere war selbstschärfend. Sie hatten das Gerät schon sehr oft gebraucht, um Reisig von den Ginsterbüschen zu ernten. Dabei waren sie stets darauf bedacht, nur unauffällige Schnittstellen zu hinterlassen. Sie waren vorsichtig, denn wer konnte schon wissen, ob sie nicht schon bald aufgespürt sein könnten? Immerhin war da die Gefahr der Banditen. Und wie konnten sie wissen, wann sie aus der Luft angegriffen würden? Jetzt schien wenigstens die letztere Gefahr in Form der Insekten vorüber zu sein. Doch 2 von ihnen wussten es besser: Es würde noch viel schlimmer kommen. Die beiden Freunde hielten sich diese Nachtwache über dicht beisammen. So oft Angst aufkommen wollte, vertrauten sie sich den liebenden Vaterarmen des Herrn an. Der Mensch ist schwach, und auch das menschliche Gemüt: Voller Trotz und Verzagtheit. Angst ist eine starke Macht, nur durch jemanden, dem wir vertraun können, wird sie zurückgedrängt. Hätten die Beiden den Herrn nicht auf ihrer Seite gewusst, wahrscheinlich würden sie kaum bis zu diesem Punkt durchgehalten haben. Es war doch so: Wer nicht wusste, dass die Heuschrecken für 5 Monate kommen würden, auch nicht, dass Diese die Menschen nur verletzen, aber nicht umbringen könnten, musste ja überzeugt sein, dass hier eine Mutation im Stillen stattgefunden habe, um sich jetzt als Invasion mit der Menschheit einen Kampf auf Leben und Tod zu liefern! Wer dachte da nicht an Selbstmord? Schon die Alien- Serie in den Kinos und zahlreiche weitere Filme, Spiele, Comics und sonstige Literatur sprachen die selbe Sprache: Außerirdische kämen auf die Erde und schickten sich an, sie zu erobern. Doch in jeder Produktion half der Mensch sich selbst, oft mittels übermenschlicher Fähigkeiten, von früheren Generationen als okkult bzw. spiritistisch bezeichnet, oder durch eine List. Ganz anders war es da dem Menschen, der die Bibel zu Rate zog: So jemand wusste, was auf die Menschheit zukam und konnte sich entsprechend einrichten, allem voran sich mit seinem ganzen Menschen unter die Herrschaft des G'ttes IsraEl´s zu begeben. Ja, Seine Macht war unangreifbar, so dass die Menschheit ja die ganze Zeit über ihre sichere Zuflucht haben konnte, wenn sie denn Ihn akzeptierten. In Ihm lagen auch die Lösungen aller Probleme, unter denen die Erde ächzte. Doch was taten die Menschen? Ihn verachteten sie, während sie sich der Geisterwelt zuwandten. Alle Aufklärungen darüber waren unangenehm für ihre Ohren, und man musste mit Morden rechnen, sollte es einem einfallen, diesen Leuten die Wahrheit über sie selber zu sagen! Ja, die Bosheit jedes Einzelnen wurde in dieser Zeit offenkundig, und kaum einer hatte überhaupt noch Intresse, sie zu verbergen. Da war es ja nur absolut gerecht, solche Plagen über die Menschheit kommen zu lassen. Der Herr hatte in Seiner großen Liebe die Menschen vor den kommenden Dingen bewahren wollen, doch sie lehnten Ihn ab. Also zog Er seinen Schutz von ihnen weg und gab sie den Schrecknissen preis, die nun Schlag auf Schlag über sie hereingebrochen kamen. Bekümmert schaute Er zu, wie die Menschen die bitteren Früchte ihrer eigenen Bosheit aßen. Doch auch in dieser Zeit suchte Er Solche, die hinter die Kulissen schaun wollten und sich noch immer fragten, warum alles so gekommen war. Ihr stiller Schrei fand Sein Erbarmen. Die Andern kehrten nicht etwa ihren spiritistischen und perversen Praktiken den Rücken, um zu Ihm zurück zu finden. Nein, im Gegenteil: bei jeder neuen Plage fluchten sie mit schmerzverzerrten Gesichtern dem Herrn, Dem, Der sie doch heilen konnte- wenn sie nur gewollt hätten! So lange hatte Er in Seiner göttlichen Geduld gewartet, aber jetzt war die Bosheit stärker als das Gewissen, und weil sie nicht einmal darauf hören wollten, sondern ihre g'ttlosen Aktivitäten unvermindert weiter betrieben- vielfach hatten sie diese in ihrem Trotz noch verstärkt- musste es ja so kommen...